Hintergrund

Das deutsche Gesundheitswesen ist aufgrund seiner sektoralen Abgrenzung von Informationsasymmetrien geprägt. Die Gesundheitsversorgung kann in Bezug auf Wechselwirkungen und Kontraindikationen im Kontext von Arzneimitteln weiter verbessert werden, indem die Kommunikation zwischen den Leistungserbringern untereinander und zwischen den Leistungserbringern und den Patienten optimiert wird. Derzeit werden für die strukturierte Dokumentation von Medikationsplänen verschiedene Formate und Spezifikationen genutzt. Diese ähneln einander in vielen Merkmalen, sind aber nicht vollständig interoperabel.

Die interdisziplinäre Arbeitsgruppe eMedikation, bestehend aus Vertretern

  • der AOK Baden-Württemberg, AOK Bayern, AOK Nordost und AOK PLUS,

  • der HÄVG Hausärztliche Vertragsgemeinschaft AG,

  • der MEDIVERBUND AG,

  • der gevko GmbH und

  • von HL7 Deutschland,

hat in einem ersten Schritt einen gemeinsamen Nenner für ein zukünftiges Datenaustauschformat erarbeitet, dass die Bezeichnung eMDAF ("elektronisches Medikations-Datenaustauschformat") trägt.

Die Spezifikation eMDAF erfüllt einerseits die gesetzlichen (Mindest-)Anforderungen und ermöglicht andererseits gleichzeitig den Austausch von darüber hinaus gehenden Informationen (z.B. in besonderen Versorgungsformen), die für eine Akzeptanz der Leistungserbringer, insbesondere der Ärzte, entscheidend ist. Das bestehende Projekt ARMIN wird mit einem Update der Schnittstelle S3C-MP auf eMDAF migriert. Die Fachanwendung HAUSKOMET der Elektronischen Arztvernetzung (EAV) in Baden-Württemberg wird ab dem ersten Quartal 2020 das elektronische Medikations-Datenaustauschformat (eMDAF) einsetzen, welches im HL7 Implementierungsleitfaden Medikationsmanagement (http://wiki.hl7.de/index.php?title=IG:Medikationsmanagement) beschrieben ist. Mit dem Wechsel auf eMDAF verfolgen die Projektpartner der EAV (AOK Baden-Württemberg, MEDIVERBUND AG und HÄVG AG) das Ziel, ein einheitliches Datenaustauschformat bei unterschiedlichen Projekten zur Übermittlung von Medikationsinformationen zu verwenden.

Durch den übergreifenden sowie interoperablen Austausch von Medikationsdaten soll die Wirtschaftlichkeit durch:

  • weniger Mehrfachverordnungen,

  • die Qualität der Behandlung durch Vermeidung von stationären Aufenthalten aufgrund von Wechselwirkungen und Kontraindikationen,

  • die Transparenz der Behandlung durch eine Historisierung von Medikationsinformationen,

  • die technische Interoperabilität durch die Integration bereits bestehender Formate und

  • die inter- und intrasektorale Zusammenarbeit durch die Einbeziehung aller Leistungserbringer sowie des Versicherten in das Medikationsmanagement und die Akzeptanz aller Beteiligten durch den Verzicht auf papiergebundene Verfahren

gesteigert werden.

Aus bisherigen Diskussionen mit verschiedenen Akteuren ergeben sich – unabhängig von dem gewählten Ansatz – folgende Zielsetzungen für Patient, Arzt und Software-Hersteller:

  • Patienten und Ärzte möchten grundsätzlich einen vollständig, aktuell und einheitlichen Überblick der aktuellen Medikationsinformationen (inklusive der historischen Verlaufsmedikation) haben

  • Patienten möchten, dass Ärzte immer über die aktuelle Medikation informiert sind und Änderungen, die sich seit dem letzten Arztbesuch ergeben haben, schnell erkennen und bewerten

  • Ärzte möchten die Medikation in ihrem Software-System mit der Medikation aus anderen Systemen abgleichen und in ihrem System aktualisieren

  • Ärzte möchten erkennen können, welche Änderungen seit dem letzten Kontakt erfolgt sind, um sie bewerten zu können

  • Ärzte möchten in ihren bestehenden Arbeitsabläufen möglichst wenig Aufwand bei diesen Vorgängen haben, insbesondere sollen sie von ihrem System bei der Nutzung unterschiedlicher Medikationsformate (BMP, eMP und weitere Formate) unterstützt werden

  • Ärzte möchten, dass ihre Software-Systeme möglichst kostengünstig bleiben

  • Software-Hersteller möchten in verschiedenen Regionen und Projekten möglichst nur wenig Unterschiede in Implementierungsleitfäden und Anforderungskatalogen haben, um Kosten und Ressourcen in der Umsetzung zu sparen

  • Patienten und Ärzte möchten in Regionen, bei denen sich Projekte überschneiden, eine möglichst interoperable Umsetzung mit wenig Unterschieden haben

Die teilnehmenden Institutionen der Arbeitsgruppe haben sich entschlossen, die vorliegende Spezifikation gemeinsam in ihren jeweiligen Versorgungsangeboten und dem krankenkassenspezifischen Teil der elektronischen Patientenakte zu nutzen. Damit steht die vorliegende Spezifikation für die Versorgung von mindestens 27 Millionen Versicherten allein in der AOK-Gemeinschaft zur Verfügung.


Die gevko GmbH spezifiziert das elektronische Medikationsdatenaustauschformat mithilfe des grundlegenden HL7 Standards Fast Healthcare Interoperability Ressources (FHIR). Mit diesem Standard ist es möglich, eine vollständige Menschen- und Maschinenlesbarkeit zu erreichen. Die Möglichkeit der automatisierten Weiterverarbeitung des maschinenlesbaren FHIR-Teils garantiert die Effizienzsteigerung der nachgelagerten Prozesse. Wo möglich, wurde auf bestehende FHIR-Spezifikationen, zum Beispiel aus den KBV Basis Profilen, zurückgegriffen.