Der eWundbericht

Eine Herausforderung im Bereich der Versorgung chronischer Wunden ist die multidisziplinäre, multiprofessionelle und multisektorale Zusammensetzung des Behandlungsteams. Gerade bei Sektorübergängen kann es zu Informationsbrüchen kommen. Ein Weg, den Informationsverlust bei Übergängen zu vermindern, ist die Weitergabe von Informationen in Form eines Wundberichts. Dieser stellt sicher, dass die Einrichtung und die Akteure, die den Patienten weiterbetreuen, alle Informationen zur Wunde erhalten. Jedoch sind Wundberichte, die papierbasiert sind oder proprietäre Schnittstellen verwenden, für IT-Systeme der Empfänger nicht verständlich. Hier schließt der eWundbericht die Lücke, indem er die Informationen strukturiert unter Nutzung von Klassifikationen und/oder Ontologien wie SNOMED CT übermittelt und somit die Interoperabilität unterschiedlicher Systeme sicherstellt.

Datenmodell

Entsprechend der Veröffentlichung des Datensatzes [1] gliedert sich der eWundbericht in die drei Bereiche Anamnese, Diagnose und Therapie, über deren Inhalte in der folgenden Abbildung eine Übersicht gegeben wird.

eWundbericht_schematisch

Die in der zugehörigen Veröffentlichung [1] beschriebenen Inhalte werden aufgegriffen und in einem Datenmodell dargestellt. Dabei wird der Bereich der Anamnese rot dargestellt, die Diagnose grün und die Therapie gelb. Allgemeine Informationen sind lila dargestellt.

Zu beachten ist, dass einzelne Klassen aus Gründen der Lesbarkeit teilweise an anderen Stellen erneut in gekürzter Schreibweise erneut auftreten. Bei diesen Klassen verläuft der Hintergrund ins weiße.

Wunde_Simplifier

Allgemeine Angaben

Zu den allgemeinen Angaben gehören Angaben zum Patienten, zur Wunde und zum Wundbericht. Die Wunde kann durch einen Auslöser verursacht worden sein, z.B. durch einen Sturz, durch eine Operation oder durch die langfristige Nutzung unpassenden Schuhwerks bei bestehendem Diabetes mellitus. Darüber hinaus besteht gerade bei chronischen Wunden oftmals eine Grunderkrankung, hier dargestellt durch die allgemeine Klasse Erkrankung.

Anamnese

Die Anamnese unterteilt sich in die wundbezogene Anamnese und die allgemeine, patientenbezogene Anamnese, die wiederum weiter unterteilt wird.

Gemeinsam haben alle Einträge in diesem Abschnitt, dass es sich um Beobachtungen handelt mit folgenden Inhalten:

  • ein Erhebungsdatum,
  • einen Code, der angibt, um was für eine Information es sich handelt,
  • ggf. eine Kategorie, um weiter zu clustern, und
  • einen Inhalt.

Dieser Inhalt kann je nach Art der Information einen anderen Datentyp haben. In diesem Modell sind diese Datentypen

  • String für Freitext,
  • CodierbaresKonzept für Angaben, die codiert oder als Freitext hinterlegt werden können,
  • Boolean für Ja-Nein-Angaben und
  • Score für Scorewerte.

Um dies übersichtlich handhaben zu können, wurde eine generische Klasse Beobachtung eingeführt, die quasi als "Datentyp" für die Einzelinformationen verwendet wird.

Die wundbezogene Anamnese basiert auf der Wundbeschreibung, die hier als eine einzelne Klasse dargestellt wird mit einem Erhebungszeitpunkt und weiteren Einzelinformationen. Komplexere Informationen, wie die Wundgröße, Angaben zum Wundexsudat und Angaben zum Schmerz sind in einzelne Klassen ausgelagert, aber eng mit der Wundbeschreibung verbunden. Die Inhalte sind jeweils Beobachtungen, um diese auch von anderer Stelle referenzieren zu können. Die Beobachtungen treten pro Wundbeschreibung nur einmal auf, da davon ausgegangen wird, dass jede Beobachtung zu einem bestimmten Termin gemacht wird, z.B. bei einem Verbandswechsel. Einzige Ausnahme ist hier der Schmerz, da dieser noch ein Setting hat, wann der Schmerz jeweils auftritt (z.B. bei Bewegung, in Ruhe oder beim Verbandswechsel).

Die patientenbezogene Anamnese unterteilt sich in verschiedene Bereiche, die hier als einzelne Klassen dargestellt sind. Diese einzelnen Bereiche enthalten wiederum Einzelinformationen zu den einzelnen Punkten des eWundberichts, die insgesamt ähnlich aufgebaut sind. Bei der patientenbezogenen Anamnese kann es sein, dass Einzelinformationen mehrfach vorliegen. Daher werden sie als Listen in den jeweiligen Klassen hinterlegt. So kann beispielsweise der Allgemeinzustand am Anfang und am Ende einer Behandlungsepisode aufgenommen werden, diese können sich jedoch je nach Zustand des Patienten unterscheiden. Diese Einträge werden hier jedoch in der gleichen Klasse gespeichert.

Insgesamt kann es in der Anamnese auftreten, dass einzelne Beobachtungen andere Beobachtungen referenzieren. Als Beispiel sei hier genannt, dass der Patient/die Patientin starke Bewegungsschmerzen angibt (8 auf der Visuell-Analog-Skala), und weiterhin angibt, dass er/sie aufgrund der Schmerzen ungerne spazieren geht. Die Schmerzstärke wird im Rahmen der Wundbeschreibung als Score angegeben. Die Beeinträchtigung "Pat. geht nicht gerne spazieren" wird als "Beeinträchtigung durch Schmerz" in der Klasse KoerperlicheBeeintraechtigung angegeben, die Teil der Allgemeinanamnese ist. Um den inhaltlichen Bezug zwischen diesen zwei Beobachtungen herzustellen, wird von der Klasse Beobachtung die Klasse Beobachtung mit Referenz abgeleitet, die wiederum auf eine Beobachtung referenziert.

Beispiele, welche Referenzen von Beobachtungen auf Beobachtungen es gibt, sind weiter unten aufgelistet.

Diagnose

Der Abschnitt Diagnose besteht nur aus den Informationen zu Maßnahmen, Testergebnissen, Diagnosen und dem Wundstadium. Aus Gründen der inhaltlichen Verbundenheit wurde das Wundstadium in die Wundbeurteilung verschoben, während die diagnostischen Maßnahmen ursprünglich dem Bereich der Anamnese zugesprochen wurden.

Therapie

Der Abschnitt Therapie enthält, dem Behandlungsprozess folgend, Angaben zu Zielen und Maßnahmen. Die Maßnahmen unterteilen sich dabei in verschiedene Kategorien, die durch den eWundbericht vorgegeben sind:

  • Hygienemaßnahmen
  • Maßnahmen zur Behandlung der Grunderkrankung (Kausaltherapie)
  • Patientenedukation
  • Physikalische Interventionen
  • Schmerzmanagement
  • Wundrand- und -umgebungsschutz
  • Wundreinigung
  • Sonstige

Darüber hinaus sind Angaben zu Ergebnissen, speziellen Bedürfnissen des Patienten / der Patientin sowie Allergien angegeben. Maßnahmen und Materialien können außerdem auf Beobachtungen verweisen, sofern sie zueinander in Beziehung stehen. Beispiele für derartige Beziehungen sind weiter unten auf der Seite benannt.

Unmodellierte Bezüge und Referenzen

Um die Komplexität des Diagramms zu wahren, wurden einige Bezüge und Referenzen innerhalb des Datenmodells nicht dargestellt. Einige Beispiele sind in den folgenden Tabellen genannt.

Beispiele für Referenzen von Beobachtungen zu Beobachtungen

Referenzierende Beobachtung Referenzierte Beobachtung Art des Bezugs
Beeinträchtigung durch Schmerz (0..*) (0..*) Schmerz Details zum Schmerz, der diese Beeinträchtigung verursacht
Beeinträchtigung durch Geruch (0..*) (0..*) Wundgeruch Details zum Geruch, der diese Beeinträchtigung verursacht

Beispiele für Referenzen von Maßnahmen zu Inhalten des Bereichs Anamnese

Kategorie der referenzierenden Maßnahme Referenzierte Beobachtung Art des Bezugs
Wundrand- und -umgebungsschutz (0..*) (0..*) Hautassessment Situation der Haut, die geschützt wird
Wundrand- und -umgebungsschutz (0..*) (0..*) Einschränkung der Barrierefunktion der Haut Situation der Haut, die geschützt wird
Schmerzmanagement (0..*) (0..*) Schmerz Maßnahme soll Schmerzen lindern
Schmerzmanagement (0..*) (0..*) Beeinträchtigung durch Schmerz Maßnahme soll Schmerzen lindern
Hygiene (0..*) (0..*) Körperhygiene Situation der Körperhygiene beeinflusst notwendige Maßnahmen
Patientenedukation (0..*) (0..*) Adhärenz Adhärenz des Patienten beeinflusst Inhalt und Ausmaß der Patientenedukation
Patientenedukation (0..*) (0..*) Lebensstil Lebensstil des Patienten beeinflusst Inhalt und Ausmaß der Patientenedukation

Beispiele für Referenzen aus weiteren Inhalten des Bereichs der Therapie zu Inhalten des Bereichs Anamnese

Referenzierde Klasse Referenzierte Beobachtung Art des Bezugs
Material vom Typ "Mobilitätsausrüstung" (0..*) (0..*) Mobilitäts- und Aktivitätseinschränkung Einschränkung bedingt mitunter die Ausrüstung / das Hilfsmittel
Material vom Typ "Transferausrüstung" (0..*) (0..*) Mobilitäts- und Aktivitätseinschränkung Einschränkung bedingt mitunter die Ausrüstung / das Hilfsmittel
Bedürfnis vom Typ "Ernährungsbedarf" (0..*) (0..*) Ernährungsstatus Status bedingt das Bedürfnis

Literaturhinweise

eWundbericht aktuell

  1. Hübner U, Schulte G, Flemming D. Der elektronische Wundbericht als Grundlage für eine interprofessionelle Kommunikation in der intersektoralen Versorgung. WundManagement 2016;10(4):196-202.

eWundbericht älter

  1. Egbert N, Hübner U. Sichert die Integrierte Versorgung eine adäquate Informationsweiterleitung? WundManagement 2013;2:54-60.
  2. Cruel E, Hübner U. Auf dem Weg zu einem multiprofessionellen elektronischen Wundbericht in der intersektoralen Versorgung. WundManagement. 2012;6[6]:256-264.
  3. Hübner U, Schulte G, Cruel E. Verbesserte Kommunikation und Koordination in der Wunderversorgung durch den elektronischen Wundbericht. MagSi. 2012;19(60):30-32.

Projekt PosiThera

  1. Hübner U, Przysucha M, Vogel S, Hüsers J, Wache S, Güttler K, Zebbities S, Stamm W, Lenkeit S, Heumann A, Stupp CM, Sellemann B.Intelligente Versorgung von Menschen mit chronischen Wunden. mdi – Forum der Medizin_Dokumentation und Medizin_Informatik. 2017; 19(4):108-111.

Zum Thema Wunde

  1. Hübner U, Egbert N, Volmer M, Fenske M. Auf dem Weg zu einem Wundregister?! MagSi. 2016;21(72):10-11.