Das Nationale Aktionsbündnis für Menschen mit Seltenen Erkrankungen (NAMSE), dessen Gründung nach französischem Vorbild in 2010 auf eine Empfehlung der EU‐Kommission zurückgeht, ist ein Zusammenschluss zwischen dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG), dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und der Betroffenenorganisation ACHSE e.V. (Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen) mit 25 Bündnispartnern ‐ allesamt Spitzen‐ und Dachverbände der wesentlichen Akteure im Gesundheitswesen auf dem Gebiet der SE. Das NAMSE hebt in seiner Digitalstrategie die Notwendigkeit der einrichtungsübergreifenden digitalen Zusammenarbeit der Akteure im Gesundheitssystem hervor, und betont die Notwendigkeit von abgestimmten, präzisen, interoperablen, findbaren Dokumentationen im Versorgungs‐ und im Forschungskontext. Dabei kommt der Vernetzung der Zentren für Seltene Erkrankungen in der Universitätsmedizin mit Anschluss an komplementäre europäische Strukturen eine besondere Bedeutung zu. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat bei der Ausschreibung der Medizininformatik‐Initiative die Notwendigkeit der IT‐Unterstützung bei Diagnose und Therapiewahl exponiert angezeigt.
Die zivilgesellschaftliche Eva Luise und Horst Köhler Stiftung hat den Aufbau eines Nationalen Registers für Seltene Erkrankungen (NARSE) angestoßen, der vom Berlin Institute for Health in der Charité umgesetzt wird.
Das Netzwerk Universitätsmedizin (NUM) hebt die Forschung und die Verbesserung der Versorgung für Menschen mit SE bei den Kriterien der Projektauswahl besonders hervor. Da zirka 80 Prozent der SE genetischen Ursprungs sind, müssen laut NAMSE die einrichtungsübergreifenden, sowohl auf Versorgungs‐ als auch Forschungsunterstützung ausgerichteten Doku‐ mentationen neben der präzisen Kodierung der Diagnosen (ICD reicht nicht, es müssen ORPHACodes sein) , auch Angaben zu Phänotypisierung und Genotypisierung enthalten.
Wegen der Heterogenität der Erkrankungen mit unterschiedlichen Versorgungs‐, Forschungs‐ und Dokumentationsbedarfen sind von der Gemeinsamen Forschungsstelle (Joint Research Council, JRC) der EU Kommission 24 Erkrankungsgruppen definiert worden, bei denen die europaweite Zusammenarbeit von Versorgungseinrichtungen und Forschungsgruppen in 24 Europäischen Referenznetzwerken (ERN) gefördert werden, die jeweils voneinander unterschiedliche, an die Krankheitsbilder angepasste Datenerhebungen in Registern umsetzen oder anstreben. Bei aller Verschiedenheit konnte für die verschiedenen ERN‐Register dennoch ein gemeinsamer Kerndatensatz (Common Data Set, CDS) festgelegt werden ‐ im Bild einer umfassenden Blume die gemeinsame Blüte, um die sich die Blütenblätter der verschiedenen spezifischen Dokumentationen reihen. Dieses Dataset wird Set of Common Data Elements der European Rare Disease Registry Infrastructure (ERDRI CDS) genannt und spielt auch bei der Ableitung des deutschen Kerndatensatzes für SE eine zentrale Rolle.